Die Gesellschaft im frühen 15. Jahrhundert
Oft wird uns ein sehr düsteres Bild des Spätmittelalters präsentiert: Naturkatastrophen, Ernteausfälle, Epidemien und zahlreiche Kriege scheinen diese Zeit zu bestimmen. Dabei gab es allerdings auch enorme Fortschritte in Verwaltung und Technik, sowie gesellschaftlichen Fragen. Die landsässigen Adligen verlieren zusehends das Interesse an ihren weniger ertragreichen Besitzungen und es zieht sie immer mehr in die Zentren des politischen Lebens, nämlich die Städte. Immer mehr Bauern konnten frei über ihren Besitz verfügen, wie wir aus Verkaufsurkunden wissen.
Eberhard Windeck: Das Buch von Kaiser Sigismund, folio 1v
Die Kirche konnte im frühen fünfzehnten Jahrhundert zumindest einige ihrer großen Probleme lösen, Martin V. wurde alleiniger Papst und das zweite Papsttum in Avignon war nun aufgelöst worden. Auch einige schon länger geforderte Reformen der Kirche wurden umgesetzt, das Konzil von Konstanz (1414-1418) zog zahlreiche Würdenträger aus ganz Europa an und versuchte die Probleme der Kirche zu lösen. Allerdings würde hier auch Jan Hus entgegen der Versprechungen Kaiser Sigismunds als Ketzer auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Die darauffolgenden Aufstände und die gegen die „ketzerischen“ Hussiten geführten Kreuzzüge stürzten die Kirche jedoch in die nächste Krise. Die Lehren des Jan Hus fanden dabei aber auch in österreichischen Landen durchaus gewillte Zuhörer. Politische Unterdrückung, ihre Verurteilung als ketzerische Lehre und die verheerenden Plünderzüge der Hussiten dürften jedoch verhindert haben, dass sie größeren Anklang fanden.
Allgemeine Frustration mit der Käuflichkeit und Dekadenz des Klerus, sowie fehlende Erklärungen für die Pestepidemie trugen zur Verdrossenheit der Bevölkerung bei.
Die Gesellschaft war in die drei Stände aufgeteilt: Klerus, Adel, Bürger und freie Bauern. Wenngleich die Grenzen zu dieser Zeit bereits etwas fließender sein konnten, spielte diese Einteilung, die auch immer noch als gottgewollte Ordnung der Welt gesehen wurde, eine bedeutende Rolle im Leben der Menschen. In Folge der Pest und auch des chronischen Geldmangels der Herrschenden konnten die Stände an politischem Gewicht gewinnen, welches sie bei den Land- und Reichstagen zum Tragen bringen konnten - etwa dann, wenn es um das Beschließen neuer Steuern ging. Insbesondere das Bürgertum genoss neue Möglichkeiten und größeren Einfluss, auch deshalb da die Städte sich rasant zu Zentren des Fortschritts entwickelten.
Die Bauernschaft, die immer noch den allergrößten Teil der Bevölkerung stellte, konnte zumindest teilweise neue Freiheiten genießen, da die Grundherren nach dem Bevölkerungsrückgang durch die Pest auf ihre Arbeitskraft noch viel stärker angewiesen waren als zuvor.
Gleiches galt für das Bürgertum, welches für spezialisiertes Handwerk höhere Preise verlangen konnte. Dieser wachsende Reichtum führte auch zu sozialem Aufstieg und einem gewissen Grad politischer Mitbestimmung in Stadträten und den Ständeversammlungen. Zwar tauchen in den Quellen zu Rechtsgeschäften auch immer wieder Frauen als eigenständige Akteurinnen auf, aber der Großteil des politischen Lebens dürfte den Männern vorbehalten gewesen sein.
Das politische und wirtschaftliche Leben verlagerte sich zusehends in die Städte, die immer bedeutender wurden, die Grundlage für die Innovationen der Frühen Neuzeit wurde hier gelegt.
Quellen und Literatur:
Peter Csendes, Ferdinand Opll, Wien im Mittelalter. Zeitzeugnisse und Analysen. Wien 2021.
Harry Kühnel, Alltag im Spätmittelalter, Graz 1984.
Die hussitische Bewegung
Benannt ist die Bewegung nach Jan Hus, einem Theologen an der Prager Universität, der für seine Thesen als Ketzer verbrannt wurde. Seine Forderungen nach einer Rückkehr zu den Werten der Apostel, wonach die Kirche weitestgehend auf weltlichen Besitz verzichten hätte sollen, fand wenig Anklang bei Papst Martin V. und dem Klerus. Als er trotz des Versprechens von freiem Geleit auf dem Konzil von Konstanz hingerichtet wurde, begannen seine Anhänger zu revoltieren, es kam zum ersten Prager Fenstersturz, bei dem zehn Personen aus dem Rathausfenster geworfen und anschließend getötet wurden. Der böhmische König Wenzel IV. verstarb kurz darauf und dessen Bruder Kaiser Sigismund griff nach der Krone Böhmens.
Jan Zizka führt die Hussiten, Jenaer Kodex (1500)
Die böhmischen Stände lehnten Sigismund jedoch ab und eine kleine zusammengewürfelte Truppe aus Soldaten und Bauern geführt von Jan Žižka leistete erfolgreich Widerstand gegen das weit größere und besser ausgerüstete kaiserliche Heer. Sie bedienten sich dabei der sogenannten Wagenburgen, dabei handelte es sich um mehrere mit Brettern versehene Wagen, die durch Ketten miteinander fixiert und ringartig aufgestellt wurden. Aus den Wagen konnten die Hussiten mit Armbrüsten, Büchsen, Schleudern, Spießen und Dreschflegeln Feinde bekämpfen und auch darunter konnten sie gut gedeckt schießen. Diese Wagenburgen widerstanden auch den großen Ritterheeren, die in fünf Kreuzzügen gegen Böhmen geschickt wurden.
Eberhard Windeck: Das Buch von Kaiser Sigismund, folio 140r, Schlacht von Kratzau (1440)
Neben dem Abwehrkampf um Böhmen zogen die Hussiten aber auch in die Umlande und verheerten diese. Ihre „herrlichen Spaziergänge“, wie sie ihre Streifzüge nannten, trafen vor allem Mähren, Schlesien, Teile Pommerns, Sachsens und Bayerns, sowie Ober- und Niederösterreich nördlich der Donau. Nur selten belagerten sie dabei Burgen und Städte, meistens plünderten sie Klöster und Dörfer, um Vorräte in ihre vom Krieg ausgezehrte Heimat zu bringen. Die Furcht vor den hussitischen Scharen war sehr groß und oft schien die Nachricht über ihr Eintreffen auszureichen, um ganze Heere zur Flucht zu bewegen.
Zwar hatten die Hussiten als Reformatoren begonnen, doch im Laufe der konfliktreichen Jahre spaltete sich die Bewegung immer weiter auf, die bekanntesten Fraktionen waren die eher gemäßigten Utraquisten (Abendmahl beiderlei Gestalt) und die radikalen Taboriten, die mitunter gegensätzliche Ziele verfolgten und auch unterschiedliche Teile der Bevölkerung ansprachen. In der Schlacht von Lipan 1434 besiegten die gemäßigten Utraquisten schließlich die radikalen Taboriten. Die verbliebenen Taboriten wechselten entweder die Seiten oder verdingten sich als Söldner in den Heeren anderer Länder. In der Folge wurde Sigismund nun doch noch zum böhmischen König gekrönt. Im Gegenzug dafür akzeptierte er die Prager Kompaktate und gewährte den Hussiten damit zumindest einen Teil ihrer Forderungen. Vierzehn Jahre Krieg und Plünderung hatten den böhmischen und mährischen Ländern, aber auch den Nachbarländern, jedoch enorm zugesetzt.
Quellen und Literatur:
Peter Hilsch, Jan Hus. Ein Reformator als Bedrohung von Reich und Kirche? In: Franz Machilek, Die hussitische Revolution. Religiöse, politische und regionale Aspekte. Köln 2012.
Einfälle der Hussiten ins nördliche Niederösterreich
Die Überfälle radikaler hussitischer Gruppen, der Taboriten, auf österreichisches Territorium begannen ab 1425. Schon davor gab es Fehden zwischen böhmischen, mährischen und österreichischen Adligen, die das Land in Mitleidenschaft gezogen hatte, wie auch anhand der zahlreichen befestigten Städte und Burgen ersichtlich ist. Die „rauchenden Spaziergänge“ der Taboriten, wie diese Einfälle auch genannt wurden, erreichten jedoch eine ganz neue Dimension der Zerstörung. Die bevorzugten Ziele der Hussiten waren Kirchen, wohl aufgrund ihrer geringen Widerstandskraft und ihres Reichtums an Edelmetallen und Naturalien, allen voran Wein. Aber auch Dörfer, Burgen und Städte griffen sie an. Zu ihren größten Erfolgen zählten wohl die Eroberung und Zerstörung der Stadt Retz im Jahr 1425, der Sieg über ein österreichisches Heer vor Zwettl 1427 und die Beschießung Wiens 1428. Obwohl die hussitischen Streitkräfte mit ihren Wagenburgen mobil blieben und sich nach ihren Streifzügen meistens wieder jenseits der Grenzen zurückzogen, unterhielten sie jedoch einige Stützpunkte im Land, etwa Thaya.
Neben ihren Plünderungen war es vor allem das Ziel der Hussiten die wirtschaftliche Kraft der österreichischen Lande zu schwächen, sowie Herzog Albrecht dies auch mit den böhmischen und mährischen landen getan hatte. Auch das Erpressen von Lösegeld für gefangene Adlige stellte ein willkommenes Einkommen dar.
Der Einfall der Taboriten im Jahr 1431 unter Thomas von Vlasim und den Brüdern Sokol dürfte als Reaktion auf einen Feldzug Herzog Albrechts stattgefunden haben und hatte angeblich vor allem das Ziel Wein zu erbeuten. Die Route des „rauchenden Spaziergangs“ führte diesmal durch Litschau in Richtung Waidhofen. Nach erfolgreicher Plünderung befanden sich die Hussiten bereits wieder auf dem Rückweg, wurden aber von dem österreichischen Heer unter Leopold von Krayg abgefangen und vernichtend geschlagen. Der genaue Ort der Schlacht ist unbekannt, dürfte aber laut Beschreibungen der Zeitgenossen zwischen der Thaya und Kirchberg an der Wild gelegen haben.
Auch die genaue Zahl der Beteiligten ist unbekannt und bleibt nur schwer abzuschätzen, wir können jedoch davon ausgehen, dass insgesamt wohl ein paar tausend Mann auf dem Feld standen. Klar ist jedenfalls, dass die Österreicher einen bedeutenden Sieg davontragen konnten und die feindliche Wagenburg erbeuteten.
Quellen und Literatur:
Herbert Krammer, Hussitenkriege in Österreich in den 1420er und 1430er Jahren. In: Begleitband zur Ausstellung Gotteskrieger. Der Kampf um den rechten Glauben rund um Wien im 15. Jahrhundert, Klosterneuburg 2022, 94‑102.
Der Adel und die Hussiten
Neben dem Bauernstand beteiligte sich vor allem der Adel an den Hussitenkriegen. Dabei gestalteten sich die Beweggründe und Loyalitäten allerdings sehr vielseitig. In den böhmischen und mährischen Ländern stellte die Spaltung des Adels zwischen Kaisertreuen und Hussiten eine politische und militärische Herausforderung für Sigismund und Albrecht dar, die sie meistens dadurch zu lösen meinten, indem sie ihre eigenen Gefolgsleute als Hauptmänner und Grundherren einsetzten.
Aber auch in den österreichischen Landen spielte der Adel eine komplexe Rolle in diesem Konflikt. Mit Ausnahme der Anklage Ottos von Maissau als Hochverräter, bestand hierzulande nicht die Gefahr, dass die eigenen Adligen zum Feind überliefen, sondern vielmehr, dass sie ihren Kriegsdienst nicht nach den Wünschen des Landesherren ausübten oder sich diesen teuer bezahlen ließen. Zahlreiche überlieferte Schadlosbriefe versicherten den Adligen, dass der Herzog für die Kosten ihres Einsatzes oder entstandene Schäden aufkommen würde. Die Mittel dafür wurden zumindest teilweise durch Verpfändungen herzoglicher Lehen aufgestellt.
Während der Hochadel, etwa die Grafen zu Maidburg (Hardegg) oder Maissau schon vor den Hussitenkriegen über beträchtliche Besitztümer verfügten, die nun allmählich von Herzog Albrecht an andere Gefolgsleute aufgeteilt wurden, konnte der niedere Adel darauf hoffen durch Beteiligung an den Kriegszügen des Herzogs Ländereien als Belohnung zu erhalten. Die Kriegsordnung von 1431 versuchte jedoch auch dem ein Ende zu setzen und „verwaiste“ Lehen ohne männlichen Erben sollten eher an die direkten weiblichen oder entfernteren männlichen Verwandten gehen, anstatt dem Herzog zur freien Verfügung zu stehen. Besonders die mährischen Adligen waren wenig erfreut über Albrechts Umverteilung ihrer Besitztümer.
Der einflussreiche böhmische Adlige Bohuslav von Schwanberg war ursprünglich auf Seiten Kaiser Sigismunds gestanden, wurde aber von den Hussiten während seiner Gefangenschaft zu einem der Ihren bekehrt. Als erfolgreicher Heerführer der Taboriten führte er die Belagerung der Stadt Retz 1425 an, wo er schließlich tödlich verwundet wurde.
Zu den politisch einflussreichsten Adligen können neben den zuvor genannten mit Sicherheit Leopold von Krayg, Ulrich Eyczinger gezählt werden. Beide konnten Ämter und Besitztümer durch ihre Dienste als Hauptmänner und Geldverleiher erlangen.
Ihre Eigeninteressen und eine gewisse Konkurrenz zwischen den Adligen machten sie für Herzog Albrecht zwar nicht immer zum verlässlichsten Mittel in diesem Krieg, Ihre Finanzkraft und auch militärische Schlagkraft machten sie jedoch unverzichtbar. Dementsprechend sollten wir den Herzog oder auch den Kaiser nicht als allmächtige Herrscher sehen, sondern vielmehr als wichtige politische Spieler, deren Macht immer eng an Ausverhandlungen mit dem Adel und den anderen Ständen geknüpft war.
Für die Schlacht an der Thaya und den Feldzug im Jahr 1431 allgemein wissen wir, dass Leopold von Krayg, Niclas Truchsess eine bedeutende Rolle gespielt haben. Sie traten als verlässliche und fähige Kommandanten in Erscheinung. Für Groß-Siegharts ist für diese Zeit ein gewisser „Georg (Jörg) von Treven“ überliefert. Es ist wahrscheinlich, dass auch er sich an den Kampfhandlungen beteiligte.
Die Kriegsordnung von 1431
Die auch als Aufgebotsordnung bekannte Urkunde regelte die Anzahl und Bewaffnung der für den Kriegsdienst aufzubietenden Bauern in den österreichischen Landen. Dem war bereits 1421 eine Zählung der Waffen, Harnische und wehrfähigen Männer vorausgegangen. Vorbild für diese Einberufung der Stände zur Verteidigung des Landes gegen die Hussiten dürften die Erlässe süddeutscher Städte, vor allem Nürnbergs, aber auch Ungarns gewesen sein.
Kriegsbuch ÖNB Cod. 3602, Schlacht gegen die Hussiten (1436)
Neben den bis dahin üblichen Aufgeboten der Adligen und ihrem Gefolge und Wehrbürgern aus den Städten des Herzogtums, allen voran Wien, sowie den immer wichtiger werdenden, aber kostspieligen Söldnerkontingenten, wurden nun auch die Bauern zum Krieg herangezogen. Demnach sollte jeder zehnte Bauer Kriegsdienst leisten, die anderen neun hatten seine Ausrüstung zu finanzieren und in dessen Abwesenheit seine Wirtschaft weiterzuführen. Die penible Auflistung der Ausrüstungsgegenstände stellt eine für diese Zeit seltene und daher umso wertvollere Quelle dar. So wurde von den Bauern gefordert über Hentzen (eiserne Handschuhe), Eysenhut (Helm), Schießjoppe (Stoffpanzer) oder Panzer (Brustplatte und oder Ringpanzer) zu verfügen. Bewaffnet waren sie entweder mit Armbrüsten mit mindestens zehn Bolzen, Büchsen mit je einem Pfund Bleikugeln und Pulver, Drischeln (Dreschflegeln mit Eisenbeschlägen) oder Spießen. Zudem sollte ein jeder ein Schwert oder ein Messer besitzen. Die bewaffneten Bauern sollten dann zu einer zwanzigköpfigen Wagenbesatzung zusammengefasst werden, von denen einer der Fuhrmann sein sollte, der Rest teilte sich auf in drei Büchsenschützen, acht Armbrustschützen und jeweils vier mit Spießen oder Drischeln. Sogar über die Wagen selbst erfahren wir einiges, sie sollten eine Deichsel und auf jeder Seite drei Längsbretter aufweisen und von vier Pferden gezogen werden. Zusätzlich dazu sollte jeder Wagen noch über Schanzwerkzeug und eine fünf Meter lange Eisenkette mit Ring und Haken verfügen.
Zwar wissen wir leider nicht genau wie kostspielig eine derartige Ausrüstung zu jener Zeit war, nach Absegnung der Stände können wir jedoch davon ausgehen, dass es zumindest als halbwegs realistisch erachtet wurde, dass die Bauern auch tatsächlich eine solche Ausstattung aufbringen konnten. Die aufgezählten Gegenstände erinnern stark an die Bewaffnung der Hussiten und dürfte eine Imitation ihrer Kampfesweise sein. Die wohl kaum kampferfahrenen Bauern sollten, wie die Hussiten selbst, durch die mit Ketten verbundenen Wagen ihre Unterlegenheit wohl einigermaßen ausgleichen.
Kommandiert wurden sie von sechs Mitgliedern der Stände, zur leichteren Verwaltung wurden damals zudem Ober und Niederösterreich in Viertel gegliedert, die jeweils Viertelhauptmännern unterstanden. Die Herrschaften und Pfarren bildeten die kleinsten Verwaltungseinheiten, aus denen die Bauern rekrutiert werden sollten. In der Folge sollten sich die gemusterten Bauern an Sammelplätzen wie Laa und Eggenburg einfinden und auf weitere Befehle warten. Zur Versorgung des Heeres waren Märkte abzuhalten. Verlief die Rekrutierung nicht ordnungsgemäß, hatten die Grundherren mit empfindlichen Strafen zu rechnen.
Was die Anzahl der Wehrbauern angeht, so tappen wir leider im Dunkeln. Wir wissen jedoch, dass die nicht direkt vom Krieg betroffenen Länder Österreichs einen größeren Anteil zu leisten hatten. In manchen Quellen wird von mehreren Tausend Bauern unter Waffen berichtet, was angesichts des ebenfalls aufgebotenen Söldnerkontingents von 1500 Mann nicht unrealistisch erscheint.
Diese berittenen Söldner unterstanden dem Herzog, ein Drittel von ihnen aber den Ständen, für den „täglichen Krieg“, also Bewachung der Grenze, Scharmützel und Feldzüge. Ihre Bewaffnung ist nicht näher aufgeschlüsselt, dürfte aber angesichts ihrer Besoldung den damaligen Standards entsprochen haben.
Im Gegensatz dazu waren die Wehrbauern vor allem für die Verteidigung der eigenen Lande vorgesehen und waren nur zu einem Monat Dienst verpflichtet, alles darüber hinaus musste mit sogenannten „Schadlosbriefen“ vergolten werden.
Die Kriegsordnung von 1431 stellt für Österreich definitiv eine Innovation im Kriegs- und Verwaltungswesen dar. Im Austausch für mehr Mitbestimmung und Einschränkung der landesfürstlichen Macht gewährten die Stände dem Herzog Zugriff auf eine bis dahin nur wenig genutzte ländliche Aufgebot - ein früher Vorläufer des späteren Milizheeres.
Quellen und Literatur:
Silvia Petrin, Der österreichische Hussitenkrieg (1420-1434). Militärhistorische Schriftenreihe Heft 44, Wien 1994.
Wilhelm Erben, Das Aufgebot Herzog Albrecht V. yon Oesterreich gegen die Husiten. In: Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 43, Wien 1902.
Wichtige Persönlichkeiten
Kaiser Sigismund
Sigismund wurde 1368 in Nürnberg in das Geschlecht der Luxemburger geboren und war der Halbbruder des böhmischen Königs Wenzel. Bereits mit zehn Jahren war er in die Verwaltung des Reiches eingeführt worden, als er die Mark Brandenburg von Wenzel übernahm. Durch seine Hochzeit mit Maria von Ungarn aus dem Geschlecht der Anjou sicherte er sich 1387 die Krone Ungarns, wobei seine Herrschaft dort anfangs nicht unangefochten war und auch die Bedrohung durch die Osmanen immer größer wurde. Er schaffte es die europäischen Mächte zu einem Feldzug gegen die „Türken“ zu bewegen, allerdings erlitt das vereinigte Heer in der Schlacht von Nikopolis 1396 eine vernichtende Niederlage. Sigismund konnte über den Seeweg entkommen und begann einige Reformen in Ungarn durchzusetzen, was ihm dort jedoch den Ärger des Adels und der Kirche einbrachte.
Kaiser Sigismund Porträt eines böhmischen Meisters (Prag?) (1436/37), früher Antonio Pisanello (1433) zugeordnet
Wohl auch als Folge dessen, gründete er 1408 den Drachenorden, einen vorwiegend aus deutschen Rittern bestehenden Orden, der neben seiner militärischen Schlagkraft vor allem von innenpolitischer Bedeutung war, da er ein Gegengewicht zu den ungarischen Ständen bildete. Zudem hatte er sich von seinem weitestgehend entmachteten Halbbruder die Herrschaft über Böhmen zusichern lassen. Im Jahre 1411 wurde er nach Kaiser Ruprechts Tod zum römisch-deutschen König und somit zum Kaiser erhoben.
Seine Ehe mit Maria war kinderlos geblieben, da diese 1395 hochschwanger nach einem Reitunfall verstorben war. Zehn Jahre darauf ehelichte er Barbara von Cilli, aus dieser Ehe stammte auch Elisabeth, die spätere Gemahlin Herzog Albrechts V. Der frühe Tod Marias hatte seinen Einfluss auf die ungarischen Stände noch weiter geschwächt, dafür sicherte er sich durch die Vermählung seiner Tochter den Beistand des österreichischen Herzogs in den Hussitenkriegen. Diese waren aus Aufständen hervorgegangen, die nach der Verbrennung von Jan Hus auf dem Konzil von Konstanz aufgeflammt waren. Nach dem Tod seines Halbbruders Wenzel im Jahr 1419 war es Sigismund erklärtes Ziel sich auch die Krone Böhmens zu sichern. Zwar konnte er 1420 gekrönt werden, doch die Herrschaft würde erst ab 1436 – also mit dem Ende der Hussitenkriege- wirklich antreten. Bereits im Jahr darauf verstarb er jedoch. Entgegen des Wunsches seiner Gattin konnte sich Albrecht als sein Nachfolger durchsetzen. Das Haus Luxemburg war mit Sigismund jedoch erloschen.
Sigismunds Herrschaft war von zahlreichen Kämpfen und Krisen geprägt, aber auch von Reformen, sowohl in Ungarn als auch im Reich und auch die bedeutenden Konzile von Konstanz und Basel fanden während seiner Regentschaft statt. Sigismund regierte in einer Zeit des Umbruchs und musste enorm viel politisches und auch militärisches Geschick beweisen.
Quellen und Literatur:
Karel Hruza, Alexandra Kaar, Kaiser Sigismund (1368-1437), Zur Herrschaftspraxis eines europäischen Monarchen, Wien 2012.
Albrecht V.
Albrecht V. (1397-1439) war zur Zeit der Hussitenkriege Herzog von Österreich. Im jungen Alter von sieben Jahren wurde er von den Ständen zum Nachfolger seines Vaters ernannt, blieb jedoch vorerst unter der Vormundschaft seiner Verwandten aus der Leopoldinischen Linie der Habsburger.
Albrecht V. KHM, Gemäldegalerie, 5631
Nach seiner Entführung durch Vertreter der Stände nach Eggenburg konnte er 1411 die Regierungsgeschäfte übernehmen. Seine Herrschaft war eine ereignisreiche: Um die Umsetzung der Kirchenreform bemüht stand er auch in ständiger Verhandlung mit den Ständen seines Landes.
Besonders prägend waren jedoch die Hussitenkriege (1420-1434), an denen er sich rege beteiligte. Als eifriger Unterstützer des Kaisers Sigismund im Kampf um die böhmischen und mährischen Länder wurde er, nach der Vermählung mit dessen Tochter Elisabeth, zum Markgrafen von Mähren ernannt. Um die kostspieligen Kriegszüge zu finanzieren, musste Albrecht zahlreiche Besitztümer verpfänden und den Ständen weitere Zugeständnisse machen, sowie neue Steuern, etwa auf Weinberge, erlassen. Sein chronischer Geldmangel dürfte auch zu einem sehr dunklen Kapitel seiner Herrschaft, nämlich der Wiener Gesera, beigetragen haben. Unter dem Vorwand einer angeblichen Hostienschändung und Kollaboration mit den Hussiten seitens der österreichischen Juden wurden deren Gemeinden zerschlagen, viele von ihnen zwangsgetauft oder verbrannt, ihre Besitztümer beschlagnahmt.
Militärisch gesehen war Herzog Albrecht in Mähren relativ erfolgreich, konnte aber die Einfälle der Hussiten nördlich der Donau nicht verhindern, 1428 wurde sogar Wien von ihnen beschossen. Zur besseren Verteidigung erließ Albrecht eine neue Kriegsordnung, die sogenannte Aufgebotsordnung, wonach auch die Bauernschaft zu den Waffen gerufen wurde, etwas von dem zuvor nur in seltenen Fällen Gebrauch gemacht wurde.
Nach dem Ende der Hussitenkriege und dem Tod Kaiser Sigismunds, wurde Albrecht 1438 zum ungarischen und schließlich zum böhmischen König gekrönt, zudem wurde er als römischer König Albrecht II. gewählt, aber nicht gekrönt. Lange währte seine Zeit als König allerdings nicht, denn er starb bereits im Jahr darauf nach einem Feldzug gegen die Türken in Ungarn an der Ruhr. Seine Witwe Elisabeth gebar den gemeinsamen Sohn und Erben Ladislaus (Postumus) erst nach seinem Tod und versuchte eine Zeit lang vergeblich dessen Herrschaftsanspruch durchzusetzen. Mit Ladislaus Tod 1457 erlosch die Albertinische Linie der Habsburger und die Leopoldinische Linie übernahm. Die großen Ambitionen des Hauses Habsburg waren jedoch nicht vergangen, man könnte vielmehr sagen, dass sie mit Albrecht zu neuer Höhe gelangt waren.
Quellen und Literatur:
Sabine Miesgang, Herzog Albrecht V. Der Krieger im Namen Gottes und des Kaisers. In: Begleitband zur Ausstellung Gotteskrieger. Der Kampf um den rechten Glauben rund um Wien im 15. Jahrhundert, Klosterneuburg 2022, 46-49.
Leopold von Krayg (Kraiger)
Der Stammsitz der Herren von Krayg war die Burg Kraig bei St.Veit an der Glan in Kärnten. Konrad von Krayg war in Böhmen ansässig geworden und hatte 1381 die Herrschaft Landstein in Südböhmen erworben. Sein Sohn Leopold wurde von den Tschechen Lipolt Krajíř zu Krajku genannt. Er besaß die Herrschaften Landstein und Bistritz und war mit Anna von Meseritsch und Lomnitz verheiratet (28). Seit 1420 kämpfte er als Hauptmann von Budweis gegen die Hussiten, die ihm schwere Verluste zufügten. Im Herbst des Jahres 1420 verlor Leopold von Krayg Neu-Bistritz, wobei seine Familie in hussitsche Gefangenschaft geriet (29). Die enge Nachbarschaft zwischen den Gütern der Krayger und der Rosenberger führte zu Reibereien, die in eine Fehde zwischen Leopold von Krayg und Ulrich von Rosenberg ausarteten, obwohl beide politische im Lager König Sigmunds standen. König Sigmund und Herzog Albrecht von Österreich unternahmen mehrere Vermittlungsversuche. Im Jahr 1427 ernannte Herzog Albrecht schließlich den Rosenberger zum Hauptmann von Budweis (30). Leopold von Krayg wurde Hauptmann von Drosendorf und organisierte in dieser Funktion die Hussitenabwehr im nördlichen Niederösterreich (31). Der Sieg bei Waidhofen an der Thaya am 14. Oktober 1431 war sein größter Erfolg. Leopold von Krayg starb im Jahre 1433. Seine niederösterreichischen Besitzungen, darunter die Herrschaft Schauenstein bei Altpölla, fielen an seine Brüder Konrad und Jan (32). Leopold von Krayg war sicher einer der fähigsten Truppenführer Herzog Albrechts. Seine Persönlichkeit wird in den Quellen leider nicht näher charakterisiert.
Quellen und Literatur:
Silvia Petrin: Der Österreichische Hussitenkrieg 1420 - 1434. In: Heeresgeschichtliches Museum (Militärwissenschaftliches Institut) (Hrsg.): Militärhistorische Schriftenreihe. Heft, Nr. 44, 1982, ISBN 3-215-04299-1.
25. April 1420 teilte König Sigismunds den Budweisern mit, ihren Bitten nachkommen zu wollen und deshalb den Adeligen Leopold Krayger von Krayg mit seinem volke an sampmisse zu ihnen gesandt zu haben, und befahl ihnen, diesen als Hauptmann aufzunehmen und ihm gehorsam zu sein (17). Leopold war eine nahe liegende Wahl: Der Herr von Landstein und Neubistritz war unzweifelhaft katholisch und mit der lokalen Situation vertraut, da seine eigenen Güter unweit von Budweis lagen.
Seine Ernennung lässt aber auch handfeste eigene Interessen des neuen Hauptmannes durchscheinen (18). Die Entsendung eines Hauptmannes (und vor allem die Verlegung von Söldnern in die Stadt) erfüllte vorerst den dringenden Wunsch der Gemeinde. Bereits wenig später sollte sich allerdings die Rivalität zwischen Leopold und einem Nachbarn der Budweiser, dem Magnaten Ulrich von Rosenberg, als kontraproduktiv für die Stellung der katholischen Partei in ganz Südböhmen erweisen (19).
Quellen und Literatur:
Karel Hruza und Alexandra Kaar: KAISER SIGISMUND (1368–1437) Zur Herrschaftspraxis eines europäischen Monarchen - BÖHLAU VERLAG WIEN · KÖLN · WEIMAR - ISBN 978-3-205-78755-6
(17) RI XI, Nr. 4127. Für Leopold Krayger vgl. Kavk a, Strana Zikmundova Nr. 427, 133.
(18) Leopold hatte bereits von Wenzel IV. ein Pfand auf die Budweiser Stadtsteuer verschrieben bekommen und hatte auch Forderungen gegenüber Sigismund, wie dessen Anweisungen an Albrecht von Österreich belegen, vgl. CIM II, Nr. 822, 1184; RI XI, Nr. 4628. Er gehörte mit zu den größten hochadeligen Pfandnehmern Sigismunds, vgl. die Aufstellung bei Moravec, Zástavy 103.
(19) Zum Konflikt zwischen Leopold und Ulrich vgl. Šimeček, České Budĕjovice 19–22. Zu den zahlreichen Konflikten zwischen Adeligen und Städten im Lager Sigismunds allgemein Kavk a, Strana Zikmundova 29f.; Šmahel, Hussitische Revolution 3, 1717.
Am 25. März 1427 stieß das Entsatzheer unter der Führung des erst 21-jährigen Reinprecht IV. von Walsee und Leopolds von Krayg auf die Hussiten, und es kam bei Zwettl (vermutlich auf dem Weinberg) zu einer blutigen Schlacht, bei der die Österreicher den Angreifer nach vier Stunden erbitterten Ringens in die Flucht schlugen. Doch statt die fliehenden Hussiten energisch zu verfolgen, plünderten die Sieger die aufgegebene Wagenburg und wurden dabei von den Hussiten, die sich wieder gesammelt hatten, erneut angegriffen. Mit Mühe erreichten die Österreicher die Stadt, in der sie Schutz fanden; wer nicht schnell genug flüchtete wurde niedergemetzelt. Nach drei Tagen zogen die Hussiten in Richtung Altenburg und Horn ab. Der Verlust der Österreicher, für den laut Aeneas Sylvius Piccolomini die Sorglosigkeit des Walseers verantwortlich war, wird mit 9.000 Mann beziffert.
Quellen und Literatur:
Max Doblinger: Die Herren von Walsee. Ein Beitrag zur österreichischen Adelsgeschichte. Aus dem Archiv für österr. Geschichte (Bd. XCV, II. Hälfte, S. 235) separat abgedruckt. (= Archiv für österreichische Geschichte. Band 95, S. 235–578, I-15103/95, ISSN 0003-9322). Wien 1906, S. 205.
1429 erhält Leopold von Krayg für seinen erlittenen Schaden das ldfl. Haus in Dobersberg;
Quellen und Literatur:
4. November 1429 König Siegesmund gebietet Leopold Kraiger von Kraig, den Waffenstillstand mit Ulrich von Rosenberg, der am kommenden 11. November ablaufen soll, bis zum 23. April 1430 zu verlängern.
Quellen und Literatur:
RI XI Neubearb., 3 n. 127, Sigismund, [vor 1429 November 4]1 : Regesta Imperii (regesta-imperii.de)
1430 Die Herren von Rohr verkaufen Schauenstein an Leopold von Krayg. Ort: Bezirk Zwettl, Pölla (WGS84: 48°37'58.2“ N, 15°30'39.1“ E )
Quellen und Literatur:
6. April 1443 Testament der Frau Anna von Kreig. Testament der Frau Anna von Krayg, Witwe nach Leopold von Krayg, worin sie 1000 Pfund Wiener Pfennige für verschiedene Stiftungen vermacht, und zwar 400 Pfund Wiener Pfennige den geistlichen Herren zu St. Dorothea, damit sie für ihr, ihres verstorbenen Mannes und ihrer Kinder Seelenheil beten und ein ewiges Licht in der Kirche erhalten sollen, ferner den geistlichen Herren zu den Predigern zu Wien 50 Pfund Wiener Pfennige, den geistlichen Frauen zu den Himmelpforten zu Wien 100 Pfund Wiener Pfennige, ferner dem Gotteshause Jerus, wo eine ihrer Töchter begraben ist, 50 Pfund Wiener Pfennige, der Pfarrkirche von Vistritz 30 Pfund Wiener Pfennige zu dem Bau, der Kirche der alten Stadt, die bei den Lanndstain liegt, 20 Pfund Wiener Pfennige zu dem Bau, den Minderbrüdern zu Wien 50 Pfund Wiener Pfennige, ferner den Augustinern zu Wien 15 Pfund Wiener Pfennige für eine Messe, den Weissenbrüdern 10 Pfund Wiener Pfennige für eine Messe, den bekehrten Frauen zu St. Jeronymus 10 Pfund Wiener Pfennige, für das Kloster St. Clara 10 Pfund Wiener Pfennige, für das Kloster zu St. Lorenz 10 Pfund Wiener Pfennige, dem Pfarrer von St. Michael 12 Pfund Wiener Pfennige für eine Messe, den geistlichen Frauen zu St. Jacob auf der Hulben 10 Pfund Wiener Pfennige, dem Kloster von St. Andre zu Fresting 10 Pfund Wiener Pfennige, der Pfarrkirche von Stalegk 10 Pfund Wiener Pfennige, ihrem Diener dem Häschko 30 Pfund Wiener Pfennige, dem Diener Michael 6 Pfund Wiener Pfennige, der Jungfrau Mechna, ihrer Dienerin, 50 Pfund Wiener Pfennige, der Prunestorferin, ihrer Altfrau, 40 Pfund Wiener Pfennige und dem Propst von St. Dorothea 72 Pfund Wiener Pfennige zur Anschaffung eines Kelches. Diesen ihren letzten Willen sollen in Jahresfrist nach ihrem Tode vollführen ihre Schwäger, die Herren Chunrat und Hanns von Krayg. $$Zeugen: Herr Stephan von Zelking von Hirsperg und Herr Reimprecht von Eberstorf.
Quellen und Literatur:
Quelle Regest: Kartei Stiftsarchiv Klosterneuburg
https://www.monasterium.net/mom/AT-StiAK/StDorotheaCanReg/1443_IV_06/charter
Georg von Treven gesessen zu Sighartz
Als Schloßbesitzer von Siegharts erscheint um 1429 Jörg von Treven, genannt der Steirer, vielleicht aus Steiermark stammend
Quellen und Literatur:
(Fontes XXI 310; SCHMIEDER, Matricula 15)